Rom - fähige und unfähige Kaiser:
|
21.09.2012, 20:03
Beitrag: #1
|
|||
|
|||
Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Möchte hier wieder mal das Thema "Römische Kaisergeschichte" aufgreifen und mal fragen,
welche Römischen Kaiser haltet ihr für besonders fähig und welche für besonders unfähig und aus welchem Grund. Freue mich auf eure Antworten und eine interessante Diskussion. |
|||
21.09.2012, 20:33
Beitrag: #2
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Das ist ein sehr interessantes Thema, wo es auch eine Menge zu schreiben gibt. Grundsätzlich kann man fast jeden der Kaiser, zu dem das Quellenmaterial ausreichend ist, in eine der beiden Kategorien - fähig oder unfähig - einordnen.
Bei einigen ist es so gut wie klar, dass sie, wenn nicht verrückt, so doch wenigstens nicht fähig waren, das römische Reich einigermaßen zu regieren: Ich nenne nur Kaiser Caligula (nach seiner Krankheit im Jahr 40 n. Chr. zumindest), Nero (egal, ob er nun so grausam war, wie berichtet wird), Commodus (der wohl noch nicht reif genug war) und Elegabal (auch, wenn die äußeren Umstände viel beitrugen). Bei anderen ist die Fähigkeit, Kaiser zu sein, gar keine Diskussion wert: Zum Beispiel Trajan ('optimus princeps' wurde er genannt, also 'bester Kaiser') und Hadrian, aber auch Kaiser Aurelian, der zumindest für die damalige Situation der beste Mann war, den Rom haben könnte. Er wäre wohl erst dann gescheitert, wenn das Reich wiederhergestellt worden wäre, denn seine Stärken lagen wirklich nicht im zivilen Bereich. Deswegen fände ich es bedeutend interessanter, andere Kaiser zu diskutieren. Hier ein paar Denkanstöße: Kaiser Claudius (41-54): Er war nicht für den Kaiserthron vorgesehen und wurde quasi von allen seinen Verwandten gehasst, von Augustus, Livia und Tiberius über Caligula bis hin zu den verschiedenen anderen Verwandten des Hauses, die nicht an die Macht gelangten. Allgemein gilt er als unfähiger, sabbernder, stotternder Herrscher, der vollkommen von seinen Ehefrauen (Messalina und Agrippina) bestimmt war. Doch er war ein sehr gebildeter und weitsichtiger Historiker, und besonders der Schriftsteller Robert von Ranke Graves hat in seiner fiktiven Autobiographie "Ich, Claudius, Kaiser und Gott" ein völlig anderes Bild geschaffen, das eines intelligenten, geschickten und vorsichtig, aber nicht unentschlossen taktierenden Herrschers. Kaiser Antoninus Pius (138-161): Obwohl das römische Reich unter ihm eine nie dargewesene und in der Geschichte riesiger Reiche weitestgehend einzigartige Blüte auf fast allen Bereichen der Zivilisation erlebte, ist er doch alles andere als unumstritten: Ihm wird vorgeworfen, lediglich von den guten Taten seiner Vorgänger (den schon erwähnten Kaisern Trajan und Hadrian) profitiert zu haben und in Wirklichkeit ein bequemer und untätiger, also quasi nutzloser Kaiser gewesen zu sein. Tatsächlich verließ er Italien während seiner ganzen Regierungszeit nicht ein einziges Mal. Kaiser Diokletian (284-305): Er war derjenige, der das Reich von der Reichskrise des dritten Jahrhunderts befreite, die Provinzen soweit wiederherstellte, die Wirtschaft und Kultur langsam wieder zu fördern begann, und der allgemein auch als guter Kaiser dargestellt wird. Seine Verdienste sind unumstritten. Doch war es nicht vielleicht sein System, die Tetrarchie oder allgemein das absolute Kaisertum der Spätantike, das den Untergang des (west)römischen Reiches hervorrief? War er derjenige, der nicht genügend Weitsicht zeigte, um zu erkennen, welches System die Römer brauchten? So, das wäre es für das erste. Aller guten Dinge sind drei, mal sehen, was ihr von Claudius, Antoninus Pius (übrigens NICHT Antonius Pius) und Diokletian haltet. Früher oder später schicke ich die nächsten drei Kandidaten ins Rennen, wenn mir nicht jemand zuvorkommt. Oder hast du den Thread nicht so gedacht, sondern wirklich als Ansammlung fähiger und unfähiger Herrscher, wie ich sie oben gemacht habe, WDPG? Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
21.09.2012, 20:42
Beitrag: #3
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser: | |||
21.09.2012, 20:45
Beitrag: #4
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
als einer der fähigsten römische kaiser dürfte wohl Nero gelten, der aus dem hölzernen Rom ein steinernes Rom machte.
|
|||
22.09.2012, 07:13
Beitrag: #5
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(21.09.2012 20:45)krasnaja schrieb: als einer der fähigsten römische kaiser dürfte wohl Nero gelten, der aus dem hölzernen Rom ein steinernes Rom machte. Ich nehme an, du meinst den Wiederaufbau nach dem Brand von Rom 64 n. Chr. Da muss ich dich leider enttäuschen. Zu hochkaiserzeitlichem Glanz aufpoliert wurde Rom bereits in der Regierung des Kaisers Augustus (30 v. Chr. - 14 n. Chr.). Natürlich ist es übertrieben, wenn er in seinem Tatenbericht ('res gestae') schreibt, er habe aus einem tönernen Rom, das er vorgefunden hatte, ein marmornes Rom gemacht. Aber unter ihm wurden die meisten römischen Gebäude restauriert, fast jeder Tempel überarbeitet, von seinem Freund Marcus Vispanius Agrippa eine Baute nach der anderen fertiggestellt (beispielsweise das Pantheon) und auch die private Architektur erlebte aufgrund der friedlichen Verhältnisse erstmals seit einem Jahrhundert wieder einen Aufschwung. Der einzige bedeutende römische Architekt, dessen Werk auf uns gekommen ist, Vitruv, lebte unter Augustus. Die Wohnhäuser in den Armenvierteln waren im übrigen freilich trotzdem weiterhin aus Holz, und auch nach dem Brand Roms Anno 64 änderte sich das nicht. Es gab lediglich einige staatliche Regelungen, die einen Brand fortan verhindern sollten. Dazu gehört - worauf du wahrscheinlich anspielst - neben der Vorschreibung von Innenhöfen auch die Verordnung, dass bei jedem Haus in Rom das Erdgeschoss aus Stein sein sollte. Aber das wurde keinesfalls überall eingehalten, und selbst wenn, war ein Großteil des Gebäudes (manchmal auch alles außer dem untersten Teil der Fassade) aus Holz. Ein bedeutendes Mehr an Stabilität war das auch nicht. Zum Brand Roms unter Nero, der Frage nach der Ursache und auch den staatlichen Regelungen poste ich demnächst einen Text. VG Der Maxdorfer PS: Und selbst wenn, würde ich es schon für grenzwertig halten, im Angesicht der restlichen Regierungszeit des Nero diesen für fähig zu erachten. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
22.09.2012, 15:40
Beitrag: #6
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Zu Deiner Mutmaßung: Niemand enttäuscht mich.
Ich spiele auch nicht auf irgendetwas an, ich nenne Tatsachen. Sicher hasst Du über die Bauausführungen in den einzelnen Quartieren Roms detaillierte Angaben, sogar in den einzelnen Viae , vielleich sogar aufgrund eigener, zeitgenössischer Sicht, womit ich natürlich nicht mithalten kann. Sicher hast Du als Fachmann recht, dass ein steinernes Erdgeschoss keinesfalls die gleiche Statik aufweist wie ein gleiches aus Holz. Die Restauration zerfallener Tempel, offizieller Gebäude, mag ja ehrenvoll sein, den Ausbau und die Sicherung der Wohnquartiere halte ich aber für sinnvoller. Auch wenn Nero nicht mit glanzvollen militärischen Eroberungen aufweisen kann, (was von einigen ja gleichgesetzt wird mit Fähigkeit und Unfähigkeit, so halte ich Nero darum für einen der fähigen Cäsaren, weil er sich um die Plebs gekümmert hat.) Wäre er wirklich so unfähig gewesen wie er es bislang in der historischen Sicht auf ihn erdulden musst, man hätte sein Standbild nicht neben das Flavische Theater gestellt sondern verschrottet. |
|||
22.09.2012, 20:38
Beitrag: #7
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(22.09.2012 15:40)krasnaja schrieb: Sicher hast Du als Fachmann recht, dass ein steinernes Erdgeschoss keinesfalls die gleiche Statik aufweist wie ein gleiches aus Holz. Warum diese Unfreundlichkeit, nur weil ich merke, dass ich in der Sache vielleicht doch ein bisschen mehr Ahnung habe als du? Es ist doch völlig klar, dass ein steinernes Erdgeschoss eine andere Statik aufweist wie eines aus Holz. Nero und seinen Ingenieuren ging es aber darum, dass es weniger anfällig für Brände ist. (22.09.2012 15:40)krasnaja schrieb: Die Restauration zerfallener Tempel, offizieller Gebäude, mag ja ehrenvoll sein, den Ausbau und die Sicherung der Wohnquartiere halte ich aber für sinnvoller. Aber dass während seiner Regierungszeit ein Großbrand ausgebrochen ist, macht ihn aber noch lange nicht zu einem fähigen Herrscher. (22.09.2012 15:40)krasnaja schrieb: Auch wenn Nero nicht mit glanzvollen militärischen Eroberungen aufweisen kann, (was von einigen ja gleichgesetzt wird mit Fähigkeit und Unfähigkeit, so halte ich Nero darum für einen der fähigen Cäsaren, weil er sich um die Plebs gekümmert hat.) Ich denke, da muss man unterscheiden zwischen den verschiedenen "Ressorts". Was die Beziehungen zum Volk anging, war Nero sehr darauf bedacht, sehr gute zu haben, und in der Hinsicht war er auch ein begnadeter Herrscher - aber vielleicht so begnadet, dass viele andere Gebiete des Staatswesens doch deutlich litten. 1.) Nero muss nicht unbedingt ein dekadenter prunksüchtiger Herrscher gewesen sein. Klar ist aber, dass er nach der sparsamen Regierung des Claudius wieder so viel Geld mit vollen Händen ausgab (vielleicht gerade um sich die guten Beziehungen zum Volk zu erhalten), dass wieder sehr viel Geld eingetrieben werden musste. Dies wiederum geschah nicht gerade mit zimperlichen Mitteln, horrende Steuererhöhungen für die Besserverdienenden, Erpressungen, Plünderungen, Beschlagnahme von Erbschaften... 2.) Als (begnadeter) Künstler war Nero ein sehr unangenehmer Zeitgenosse, und dadurch, dass er Kaiser war, wurde diese Eigenschaft alles andere als gemildert. Mögen auch die Behauptungen falsch sein, wegen Kritik oder zu mäßigem Beifall an den Vorführungen sei seine schwangere Frau von ihm zu Tode getreten und Vespasian verbannt worden, er hielt sich nun einmal für einen gottgleichen Künstler und Herrscher und identifizierte sich mit Apollo (wie Commodus mit Herkules). Außerdem zeigte sich etwas wie Paranoia, eine panische Angst vor Verschwörungen, die immer wieder zu unbegründeten Hinrichtungen führten. (22.09.2012 15:40)krasnaja schrieb: Wäre er wirklich so unfähig gewesen wie er es bislang in der historischen Sicht auf ihn erdulden musst, man hätte sein Standbild nicht neben das Flavische Theater gestellt sondern verschrottet. Auch hier muss man einen essentiellen Fakt ergänzen: Das Standbild wurde erhalten, doch der Kopf wurde verändert: Es wurde eine Götterstatue daraus gemacht, neben die später das Amphitheatrum Flavium gestellt wurde. Mit Nero hatte das symbolisch gesehen nichts mehr zu tun, das Material und die Form war aber zu schade, um es wieder einzuschmelzen. Übrigens ließ Kaiser Commodus später wieder seinen eigenen Kopf aufsetzen. Überhaupt: Wieso sollten Inschriften, Bildnisse etc. der 'Verbannung des Andenkens' ungehindert zum Opfer fallen und das auffälligste aller Zeugnisse nicht? Die Nero-Statue wurde also durch einen Götter-Koloss ersetzt. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
22.09.2012, 23:51
Beitrag: #8
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Schön maxdorfer, dass du hinsichtlich der neuen Häuser in Rom zurückruderst.
Anfangs hörte es sich bei der ersten Replik so an, dass es im wesentlichen doch bei den Holzhäusern geblieben war. Lies einmal nur nach. War es nun beim koloss die gleiche statue oder nicht ? Erstzt wurde die Statue AUCH nicht. Worüber diskutieren wir eigentlich ? Ich halte Nero für einen fähigen Kaiser, Dir bleibt es unbenommem es nicht so zu sehen. Ende der Diskussion |
|||
23.09.2012, 08:40
Beitrag: #9
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(22.09.2012 23:51)krasnaja schrieb: Schön maxdorfer, dass du hinsichtlich der neuen Häuser in Rom zurückruderst. Anfangs hörte es sich bei der ersten Replik so an, dass es im wesentlichen doch bei den Holzhäusern geblieben war. Es ist so gut wie klar, dass es im wesentlichen bei Holzhäusern blieb - denn zumindest alle oberen Geschosse wurden weiterhin aus Holz gebaut. Warum sollte das auch anders sein - Stein war ja viel teurer. Wie weit die Regelung mit den steinernen Erdgeschossen umgesetzt wurde, kann man nicht genau wissen, die Quellen sind natürlich nicht umfassend genug. Dass es aber Menschen gab, die vom Erdgeschoss nur die Fassade aus Stein machten, ist überliefert (auch wenn ich dir die genaue Quelle nicht nennen kann). (22.09.2012 23:51)krasnaja schrieb: War es nun beim koloss die gleiche statue oder nicht ? Erstzt wurde die Statue AUCH nicht. Es war die gleiche Statue, nur stellte sie nicht mehr Nero dar. (22.09.2012 23:51)krasnaja schrieb: Worüber diskutieren wir eigentlich ? Ob Nero ein fähiger oder ein unfähiger Kaiser war, liegt letztendlich sehr daran, wie glaubwürdig die Quellen sind (darauf lief die Diskussion mit Red Scorpion bei G/Geschichte hinaus). Aber gewisse Dinge sind doch diskutabel, auch mit der momentanen Unsicherheit in der Quellenlage. Dass du eigenmächtigst die Diskussion beendest, sehe ich als Zeichen, dass du nicht mehr diskutieren willst (kannst), weil du dich auf deine Denkweise, Nero war fähig, versteift hast. Vielleicht liegt es einfach an deinem reiferen Alter, ich bin es gewohnt, meine Meinung zu ändern, auch wenn dann manche leicht unhöflich werden. Nun gut, es gibt genügend andere interessante Kaiser. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
23.09.2012, 11:26
Beitrag: #10
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Nein maxdorfer, Du willst buchstäblich um des Kaisers (rote) Bart streiten.
Dein Gedankefehler ist das Thema selber, hier geht es nicht darum, und das lautet NICHT, wer war der Fähingste, also den Superltiv, sondern einfach nur die Feststellung ob Nero fähig war oder nicht. Bei den Cäsaren, die nach allgemeiner Einschätzung fähiger waren als Nero, sei es militärisch, sei es in der Verwaltung kommen immer individuelle Wertungen ins Spiel. UND !!! die Sichtweise derer, die Gegner der jeweiligen Cäsaren waren. Und auch die Wertung der Erfolge spielt bei der Beurteilung der Fähigkeit des Einzelnen eine Rolle. Ich halte den Mann für fähig, und mir fallen sponan min, 5, 6 Casaren ein, die sicher unfähiger waren als Nero, Fähig waren die meisten Cäsaren schon alleine darum, weil sie sich an die Spitze einer Hirachie geboxt hatten. ich will einmal die Mordwege ausklammern. |
|||
23.09.2012, 12:28
Beitrag: #11
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(23.09.2012 11:26)krasnaja schrieb: Nein maxdorfer, Du willst buchstäblich um des Kaisers (rote) Bart streiten. Ich habe auch nirgends von einem Superlativ geschrieben. (23.09.2012 11:26)krasnaja schrieb: Bei den Cäsaren, die nach allgemeiner Einschätzung fähiger waren als Nero, sei es militärisch, sei es in der Verwaltung kommen immer individuelle Wertungen ins Spiel. UND !!! die Sichtweise derer, die Gegner der jeweiligen Cäsaren waren. Natürlich. (23.09.2012 11:26)krasnaja schrieb: Ich halte den Mann für fähig, Ich auch, aber nicht als Kaiser, da ZU skrupellos und taktlos. (23.09.2012 11:26)krasnaja schrieb: und mir fallen sponan min, 5, 6 Casaren ein, die sicher unfähiger waren als Nero, Damit hast du allerdings recht. (23.09.2012 11:26)krasnaja schrieb: Fähig waren die meisten Cäsaren schon alleine darum, weil sie sich an die Spitze einer Hirachie geboxt hatten. ich will einmal die Mordwege ausklammern. Auch das stimmt. Aber gerade Nero gelangte nicht aus eigenem Antrieb an die Macht, sondern weil sich seine Mutter der Liebe und des Vertrauens von Kaiser Claudius versicherte, ihn dann heiratete und schließlich dazu brachte, Nero zu adoptieren, weshalb der eigentliche Thronfolger Britannicus ins Abseits gedrängt und schließlich ermordet wurde. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
23.09.2012, 15:39
Beitrag: #12
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Aber maxdorfer, Neros Werdegang, die Machtinteressen seiner Mutter, das hat doch nichts mit den Fähigkeiten des Mannes später zutun.
Mit Superlativ meine ich die Gefahr bei dieser Diskussion über die Fähigkeit oder die Unfähgkeit eines der Cäsaren zu verfallen in " besser als der und der" und in "der und der war der beste, weil...." Sicher waren Trajan und Hadrian besser als Nero, auch Septimus Severus . Gilt das aber auch für Neros unmittelbare Nachfolger Galba,Otho Vitelius ? Alle in einem Jahr, zeichnet das einen fähigen Kaiser aus ? Und bei Titus scheiden sich schon die Geister, wenn wir uns Massada/Bar Kochba ansehen Sieh Dir die gute Cleopatra VII, die man sicherlich als fähige Königin bezeichnen kann, Eine Mörderin war sie. Die meisten Personen wachsen mit der Aufgabe. und so wurde aus dem verhätschelten Kind, gezeichnet von Narben im Gesicht ein ganz passabler, fähiger Kaiser. |
|||
23.09.2012, 21:24
Beitrag: #13
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(23.09.2012 15:39)krasnaja schrieb: Gilt das aber auch für Neros unmittelbare Nachfolger Galba,Otho Vitelius ? Eine kurze Herrschaft muss aber nicht immer was mit den Fähigkeiten zu tun haben. Oft fehlt einfach nur die Machtbasis, die stark genug ist und (wie bei diesen wohl) die Legitimation. Nero war wenigstens Mitglied der herrschenden Dynastie, die von dir erwähnten Nachfolger konnte sich auf diese Weise nicht legitimieren oder von Augustus ableiten. |
|||
23.09.2012, 21:55
Beitrag: #14
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(23.09.2012 21:24)WDPG schrieb:(23.09.2012 15:39)krasnaja schrieb: Gilt das aber auch für Neros unmittelbare Nachfolger Galba,Otho Vitelius ? das stimmt schon , 3 oder sogar 4 (unklar) in 69 n-CHr. |
|||
24.09.2012, 08:04
Beitrag: #15
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(23.09.2012 21:24)WDPG schrieb:(23.09.2012 15:39)krasnaja schrieb: Gilt das aber auch für Neros unmittelbare Nachfolger Galba,Otho Vitelius ? Die Legitimation fehlte bei allen Kaisern des Jahres 69 n. Chr. Zumindest Vitellius war wirklich unfähig, die anderen beiden, Galba und Otho, wenigstens nicht fähig genug, um Legitimition durch allseitige Zustimmung zu erlangen. Bei beiden gab es Opposition, die letztlich siegte. Erst Vespasian war der ersehnte weise, vernünftige und entschlussfreudige Herrscher. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
24.09.2012, 12:45
Beitrag: #16
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Ein Kaiser den man wohl als unfähig bezeichnen kann, wo sogar das wohl der Grund war, warum er Kaiser wurde war Libius Severus. Er dürfte tatsächlich so gut wie gar nicht in Erscheinung getreten sein, versuchte nicht einmal in irgendeiner Form die Regierung zu übernehmen. Das Regieren überlies er seinem Heermeister Ricimer, der damals die Macht im Reich hatte.
Bei Libius Severus ist es klar das er zu den nicht gerade fähigen Kaisergestallten im Römischen Reich gehörte. Was haltet ihr von Ricimer (gebe zu er war eigentlich kein Kaiser, also eine Themenabweichung, aber er hatte teilweise so gut wie die Macht des Kaisers)? |
|||
24.09.2012, 19:58
Beitrag: #17
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Ohne Ricimer wäre das Weströmische Reich ca. 20 Jahre eher untergegangen. Er war ein fähiger Politiker und Heermeister, dem wohl der Erhalt der eigenen Machtstellung am wichtigsten erschien.
"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
|||
24.09.2012, 20:20
Beitrag: #18
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Er war fähig, wenn es um den Erhalt der eigenen Macht ging, aber das römische Reich interessierte ihn nicht allzu viel. Er wusste, dass er bei einem Ende des römischen Kaisertums auch einen Machtverlust hätte erleiden müssen.
Manche Menschen an seiner Stelle hätten das Reich schneller zum Untergehen gebracht, aber andere hätten es vielleicht besser bewahren können, wenn sie weniger auf schwache und unfähige Kaiser aus gewesen wären. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
25.09.2012, 12:28
Beitrag: #19
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Um mal wieder auf Nero zurück zu kommen.
Die negative Sicht der damaligen Zeitgenossen auf Nero (also der maßgeblichen Leute im Senat) war doch mit Dünkeln behaftet, aus Angst, dass sich das (noch nicht einmal ausschweifende Leben Neros als Oberster) auf sie als Kaste auswirkt, ihre eigene Reputation schwächen würde. Was war denn an Nero Leben so auschweifend ? Seine Vorliebe für Gesang und Schauspiel ? Unziemlich für einen Kaiser nach Meinung des Senats Seine Vorliebe für die griechische Kultur ? Unziemlich für einen römischen Kaiser Seine 3 Ehen,. seine Mesalliancen ? Der Senat hatte einfach nur Angst, vor einem frischen, menschlichenr Kaiser, der nicht dem Volk so weit entrückt war wie Augustus. Siehe Caligula, geschmäht. auch gegenüber Caligula werden nach neueren Forschungen moderatere Töne angeschlagen, auch für Caligula gilt ein für den Senat empörender Aspekt, die mögliche Verlegung der Haupstadt in die durch die Griechen geprägten Stadt Alexanderia. Der Begriff des "Casarenwahnsinns" erscheint mir deutlich missbraucht. Für Viele sind falsche Berichte aus der Antike und Darstellungen aus der Neuzeit (Beispiel OT Der Weiße Hai, der beinahe zur Ausrottung dieser Spezie führte oder der Film Quo vadis mit Peter Ustinov als Nero Schilderungen der Realität Ich setzt einemal die Realitäten fpr den Film quo vadis nach: Historische Fakten Nero stirbt am Ende des Filmes. Tatsächlich starb er erst vier Jahre nach den gezeigten historischen Ereignissen. Das im Film verwendete Modell von Neros „neuem Rom“ wurde ursprünglich von Italo Gismondi für Mussolinis Augustusausstellung von 1937 hergestellt.[1] Es zeigt Rom zur Zeit Konstantins, daher wird das Pantheon gezeigt, das erst fünfzig Jahre nach Neros Tod gebaut wurde Die Raubtierkämpfe und die Hinrichtung der Christen finden in einem steinernen Amphitheater mit hohen Sitzrängen innerhalb Roms statt. Tatsächlich aber wurde mit dem Bau des Kolosseums aber erst nach Neros Tod unter Kaiser Vespasian im Jahre 72 n. Chr. Begonnen, vollendet wurde das Bauwerk dann erst unter seinem Sohn Titus im Jahre 81 n. Chr. Ob zu Neros Zeit wirklich derart starke Christenverfolgungen stattfanden, wird in der neueren Forschung diskutiert. Im Film werden Soldaten gezeigt, die Schach spielen. Tatsächlich kam das Spiel erst im 7. Jahrhundert nach Europa. Während des Brandes besingt Nero das Feuer vom Dach seines Palastes aus. Der Bereich des Palatins, auf dem auch der Kaiserpalast stand, wurde allerdings kurz nach dem Ausbruch des Brandes ein Raub der Flammen, woraufhin Nero sich sein berühmtes „Goldenes Haus“ bauen ließ. Dass Nero das Feuer wirklich besang, wird von Forschern heute abgelehnt. Der Kaiser soll sich zum Zeitpunkt nicht einmal in Rom befunden haben. Während der Erstürmung seines Palastes erwürgt Nero seine Frau, in der er die Urheberin der Revolte sieht. Poppaea starb allerdings bereits im Jahre 65 an den Folgen eines Fußtrittes durch Nero (der ihr wahrscheinlich nicht mit Tötungsabsicht, sondern in einem Anfall von Wut versetzt wurde – siehe auch bei Sueton, Tacitus und Cassius Dio). |
|||
25.09.2012, 16:20
Beitrag: #20
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(25.09.2012 12:28)krasnaja schrieb: Um mal wieder auf Nero zurück zu kommen. Du wolltest doch das Thema beenden? (25.09.2012 12:28)krasnaja schrieb: Was war denn an Nero Leben so auschweifend ? Ja, was war an Neros Leben ausschweifend? Dass er sich als Künstler feiern ließ und keine Kritik vertrug. Augustus vermied es wenigstens, sein schriftstellerisches Werk zu veröffentlichen, sondern er vernichtete es. Und natürlich die Residenz, die Nero erbauen ließ, die Domus Aurea. Das Anwesen an sich war 80 Hektar groß!!! Prunkvoll ausgemalt, aus Marmor, ein wahrer Palast mit parkähnlichen Gärten, einem großartigen Kuppelgewölbe. (25.09.2012 12:28)krasnaja schrieb: Nero stirbt am Ende des Filmes. Tatsächlich starb er erst vier Jahre nach den gezeigten historischen Ereignissen. Es hat in diesem Geschichts-Forum auch keiner bestritten, dass der Film historischer Unfug ist. (25.09.2012 12:28)krasnaja schrieb: Ob zu Neros Zeit wirklich derart starke Christenverfolgungen stattfanden, wird in der neueren Forschung diskutiert. Ich denke schon, dass es eine gab, das ist auch von Flavius Josephus überliefert. Sie wird einfach nicht so groß gewesen sein wie die späteren, was wohl daran lag, dass es in Rom schlicht und ergreifend noch nicht so viele Christen gab. (25.09.2012 12:28)krasnaja schrieb: Während des Brandes besingt Nero das Feuer vom Dach seines Palastes aus. Der Bereich des Palatins, auf dem auch der Kaiserpalast stand, wurde allerdings kurz nach dem Ausbruch des Brandes ein Raub der Flammen, woraufhin Nero sich sein berühmtes „Goldenes Haus“ bauen ließ. Dass Nero das Feuer wirklich besang, wird von Forschern heute abgelehnt. Der Kaiser soll sich zum Zeitpunkt nicht einmal in Rom befunden haben. Er befand sich damals in einer Stadt, ein paar Kilometer von Rom entfernt (Name habe ich vergessen), aber er eilte sofort nach Rom. Dass er dort dann das Feuer besang, kann schon sein, würde aber noch lange nicht beweisen, dass er ein unfähiger oder auch nur ein grausamer Kaiser war. (25.09.2012 12:28)krasnaja schrieb: Während der Erstürmung seines Palastes erwürgt Nero seine Frau, in der er die Urheberin der Revolte sieht. Poppaea starb allerdings bereits im Jahre 65 an den Folgen eines Fußtrittes durch Nero (der ihr wahrscheinlich nicht mit Tötungsabsicht, sondern in einem Anfall von Wut versetzt wurde – siehe auch bei Sueton, Tacitus und Cassius Dio). Dass man bei einem Wutanfall ohne Grund seine (hochschwangere) Frau zu Tode prügelt, ist aber auch nicht viel besser. Es zeigt eher noch eine größere Unfähigkeit, als wenn man die Frau aus einem Grund (Revolte) ermordet. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
25.09.2012, 19:19
Beitrag: #21
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Wieder der rote Bart ?
Nero hielt sich meines Wissens damals in Antium/anzio |
|||
25.09.2012, 20:10
Beitrag: #22
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(25.09.2012 19:19)krasnaja schrieb: Wieder der rote Bart ? ICH habe das Thema NICHT wieder aufgegriffen. (25.09.2012 19:19)krasnaja schrieb: Nero hielt sich meines Wissens damals in Antium/anzio... auf. Stimmt, danke. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
27.09.2012, 17:38
Beitrag: #23
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Sorry dass ich darauf zurückkomme, doch die "Welt" hat meine Meinung zu Nero sehr schön ausgedrückt:
Welt schrieb:Roms exzentrischer Herrscher Nero besaß nach zehn Jahren Regierungszeit einen höchst unguten Ruf. Man wusste, dass er bei der Ermordung seiner Mutter Agrippina ebenso die Hände im Spiel hatte wie bei der Beseitigung seines Stiefbruders Britannicus. Im Jahre 62 n. Chr. ließ er auch seine 20-jährige Gemahlin hinrichten. http://www.welt.de/kultur/history/articl...ifter.html Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
29.10.2012, 11:29
Beitrag: #24
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(21.09.2012 20:33)Maxdorfer schrieb: Hier ein paar Denkanstöße: Bisher haben wir nur Nero diskutiert. Der ein oder andere hat doch aber noch eine Meinung zu Claudius, Antoninus Pius und Diokletian? VG Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
29.10.2012, 16:39
Beitrag: #25
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(21.09.2012 20:33)Maxdorfer schrieb: Kaiser Claudius (41-54): Er war nicht für den Kaiserthron vorgesehen und wurde quasi von allen seinen Verwandten gehasst, von Augustus, Livia und Tiberius über Caligula bis hin zu den verschiedenen anderen Verwandten des Hauses, die nicht an die Macht gelangten. Allgemein gilt er als unfähiger, sabbernder, stotternder Herrscher, der vollkommen von seinen Ehefrauen (Messalina und Agrippina) bestimmt war. Doch er war ein sehr gebildeter und weitsichtiger Historiker, und besonders der Schriftsteller Robert von Ranke Graves hat in seiner fiktiven Autobiographie "Ich, Claudius, Kaiser und Gott" ein völlig anderes Bild geschaffen, das eines intelligenten, geschickten und vorsichtig, aber nicht unentschlossen taktierenden Herrschers. Ich halte Claudius für einen mittelmäßigen Herrscher und das trotz der hervorragend geschriebenen fiktiven Autobiografie von Ranke Graves. Claudius war in seinen Entscheidungen zu abhängig von seinen Ehefrauen, denen er offensichtlich leichtgläubig und willenslos verfallen war. Er machte oft in der Öffentlichkeit einen lächerlichen, skurillen Eindruck, sein Wesen war sprunghaft und unberechenbar. Das Volk verhöhnte ihn, sah in ihm eher eine Witzfigur. Unverständlich ist auch, warum er seinen leiblichen Sohn Britannicus nicht die Thronfolge sicherte. Dass er andererseits ein geschickter Politiker gewesen sein muss, beweist letztlich, dass er die Empörungen des Camillus Scribianus im Jahr 42 oder die von Asinus Gallus im Jahr 46 überstand. Ebenso meisterte er die Staatskrise, die infolge der Affären seiner dritten Ehefrau Messalina im Jahr 48 entstand. Des Weiteren eroberte und sicherte er den Südosten Britanniens für das Römische Reich, er behauptete sich gegen Aufständische in Mauretanien. Neben seinen Ehefrauen war Claudius auch abhängig von seinen Freigelassenen, die er in Schlüsselstellungen des Staates einsetzte. Diese Freigelassenen wie Narcissus, Pallas oder Polybius setzten eine Zentralisierung der kaiserlichen Verwaltung um und sie wurden zunehmend von der Öffentlichkeit als die tatsächlichen Regenten wahr genommen. Abschließend zu Claudius: Achtbar geschlagen. Er war kein unfähiger, aber auch kein besonders fähiger Kaiser. Eben nur Mittelmaß, Durchschnitt. (21.09.2012 20:33)Maxdorfer schrieb: Kaiser Antoninus Pius (138-161): Obwohl das römische Reich unter ihm eine nie dargewesene und in der Geschichte riesiger Reiche weitestgehend einzigartige Blüte auf fast allen Bereichen der Zivilisation erlebte, ist er doch alles andere als unumstritten: Ihm wird vorgeworfen, lediglich von den guten Taten seiner Vorgänger (den schon erwähnten Kaisern Trajan und Hadrian) profitiert zu haben und in Wirklichkeit ein bequemer und untätiger, also quasi nutzloser Kaiser gewesen zu sein. Tatsächlich verließ er Italien während seiner ganzen Regierungszeit nicht ein einziges Mal. Antoninus Pius ist für mich ein fähiger Kaiser. Während seiner Regierungszeit wurde kein Krieg begonnen, die 23 Jahre seiner Herrschaft erscheinen uns heute als ereignisarm. Das bedeutet: kaum Aufstände, keine Machtkämpfe, kein Bürgerkrieg. Die Außenpolitik strebte nur nach Wahrung des Besitzstandes. Die Wirtschaft und der Handel florierten. Die Rechtssprechung war human und die Finanzpolitik war sparsam. Ich denke, den damaligen Menschen ging es gut. Ihnen blieb Krieg, Armut oder Seuchen erspart. Und dass Antoninus Pius dies erhielt und nicht durch ehrgeizige, kostspielige Kriege verspielte, zeigt, dass er ein guter und fähiger Herrscher war. (21.09.2012 20:33)Maxdorfer schrieb: Kaiser Diokletian (284-305): Er war derjenige, der das Reich von der Reichskrise des dritten Jahrhunderts befreite, die Provinzen soweit wiederherstellte, die Wirtschaft und Kultur langsam wieder zu fördern begann, und der allgemein auch als guter Kaiser dargestellt wird. Seine Verdienste sind unumstritten. Doch war es nicht vielleicht sein System, die Tetrarchie oder allgemein das absolute Kaisertum der Spätantike, das den Untergang des (west)römischen Reiches hervorrief? War er derjenige, der nicht genügend Weitsicht zeigte, um zu erkennen, welches System die Römer brauchten? Diokletian war ebenfalls ein fähiger Herrscher. Seinen Reformen ist es zu verdanken, dass das Römische Reich nicht Ende des 3. oder im 4. Jahrhundert zerfiel. Das Dominat war schon das richtige System, ebenso die Trennung von Militär- und Zivilverwaltungen. Diokletian konnte die Rheinlinie gegen Franken und Alamannen behaupten, er erneuerte die Herrschaft der Römer in Britannien und er schlug Unruhen in Ägypten nieder. Das System der Tetrarchie erscheint mir zu künstlich, zu kopflastig, zu sehr auf die Loyalität der Tetrarchen untereinander aufgebaut zu sein. Für jede Reichshälfte ein Augustus, dem ein Cäsar als potentieller Nachfolger unterordnet ist. Da ist es blauäugig, zu glauben, es gebe keine Machtkämpfe zwischen vier (mehr oder weniger) ambitionierten Herrschern. Wahrscheinlich verachtete Diokletian monarchische, dynastische Systeme. Er war sicher davon überzeugt, dass fähige Männer wie er, über die militärischen und zivilen Möglichkeiten aufgrund ihrer Leistungen und mit Hilfe Mentoren in die höchsten Ämter aufsteigen konnten. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
|||
29.10.2012, 21:52
Beitrag: #26
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(29.10.2012 16:39)Sansavoir schrieb:(21.09.2012 20:33)Maxdorfer schrieb: Kaiser Claudius (41-54): Er war nicht für den Kaiserthron vorgesehen und wurde quasi von allen seinen Verwandten gehasst, von Augustus, Livia und Tiberius über Caligula bis hin zu den verschiedenen anderen Verwandten des Hauses, die nicht an die Macht gelangten. Allgemein gilt er als unfähiger, sabbernder, stotternder Herrscher, der vollkommen von seinen Ehefrauen (Messalina und Agrippina) bestimmt war. Doch er war ein sehr gebildeter und weitsichtiger Historiker, und besonders der Schriftsteller Robert von Ranke Graves hat in seiner fiktiven Autobiographie "Ich, Claudius, Kaiser und Gott" ein völlig anderes Bild geschaffen, das eines intelligenten, geschickten und vorsichtig, aber nicht unentschlossen taktierenden Herrschers. Da kann man sich auf der Mitte treffen. (29.10.2012 16:39)Sansavoir schrieb:(21.09.2012 20:33)Maxdorfer schrieb: Kaiser Antoninus Pius (138-161): Obwohl das römische Reich unter ihm eine nie dargewesene und in der Geschichte riesiger Reiche weitestgehend einzigartige Blüte auf fast allen Bereichen der Zivilisation erlebte, ist er doch alles andere als unumstritten: Ihm wird vorgeworfen, lediglich von den guten Taten seiner Vorgänger (den schon erwähnten Kaisern Trajan und Hadrian) profitiert zu haben und in Wirklichkeit ein bequemer und untätiger, also quasi nutzloser Kaiser gewesen zu sein. Tatsächlich verließ er Italien während seiner ganzen Regierungszeit nicht ein einziges Mal. Da wäre ich mir gar nicht so sicher. Aber selbst wenn er nicht fähig war, sah er das doch wenigstens ein und beschränkte seine Aktivitäten auf einen sehr kleinen Radius. Das muss man ihm hoch anrechnen. (29.10.2012 16:39)Sansavoir schrieb:(21.09.2012 20:33)Maxdorfer schrieb: Kaiser Diokletian (284-305): Er war derjenige, der das Reich von der Reichskrise des dritten Jahrhunderts befreite, die Provinzen soweit wiederherstellte, die Wirtschaft und Kultur langsam wieder zu fördern begann, und der allgemein auch als guter Kaiser dargestellt wird. Seine Verdienste sind unumstritten. Doch war es nicht vielleicht sein System, die Tetrarchie oder allgemein das absolute Kaisertum der Spätantike, das den Untergang des (west)römischen Reiches hervorrief? War er derjenige, der nicht genügend Weitsicht zeigte, um zu erkennen, welches System die Römer brauchten? Das erinnert mich an Napoleon: Fähiger Herrscher, guter Reformer, aber er arbeitete doch auf eine quasi unmöglich zu erreichende Utopie hin. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
29.10.2012, 21:58
Beitrag: #27
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Man sieht ja jetzt schon: Meistens kann man sich auf der Mitte einigen, was einen gewissen Kaiser angeht. Es ist völlig normal, dass mehr Kaiser ganz normal sind als wir es uns meistens denken. Die antiken Historiker waren halt entweder Klatschtanten, die einen Kaiser entweder verehrten oder vergöttlichten (je nach dem, ob er nach dem Tod die Divinisierung oder die Verdammung des Andenkens erhalten hatte), die spätantiken beurteilten wegen ihrer christlichen Sichtweise (Bischöfe, Mönche) die Kaiser nur danach, ob sie Christenverfolgungen begangen hatten und richteten ihre ganze restliche Wertung danach aus.
Auf diese Weise werden die Herrscher des römischen Reiches zu Zerrbildern der Geschichtsschreibung (wie, glaube ich, auch eine Vitellius-Biographie heißt). Viele Historiker bis ins 20. Jahrhundert hinein haben sich daran gehalten, da ihnen archäologische und andere Quellen fehlten und die vorhandenen Darstellungen nicht quellenkritisch bearbeitet wurden. Ein gutes Beispiel: http://archive.org/details/geschichtederrm00goog Und bis in die heutige Zeit gibt es populärwissenschaftliche Darstellungen (wie beispielsweise für Byzanz die von Norwich), die von Nicht-Historikern geschrieben wurden und sich deshalb (auch wenn dies nicht zwingend notwendig ist) eher auf literarische und damit einseitige Quellen stützen. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
30.10.2012, 00:51
Beitrag: #28
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(29.10.2012 16:39)Sansavoir schrieb: Ich halte Claudius für einen mittelmäßigen Herrscher und das trotz der hervorragend geschriebenen fiktiven Autobiografie von Ranke Graves. Claudius war in seinen Entscheidungen zu abhängig von seinen Ehefrauen, denen er offensichtlich leichtgläubig und willenslos verfallen war. Er machte oft in der Öffentlichkeit einen lächerlichen, skurillen Eindruck, sein Wesen war sprunghaft und unberechenbar. Das Volk verhöhnte ihn, sah in ihm eher eine Witzfigur. Unverständlich ist auch, warum er seinen leiblichen Sohn Britannicus nicht die Thronfolge sicherte. Dass er andererseits ein geschickter Politiker gewesen sein muss, beweist letztlich, dass er die Empörungen des Camillus Scribianus im Jahr 42 oder die von Asinus Gallus im Jahr 46 überstand. Ebenso meisterte er die Staatskrise, die infolge der Affären seiner dritten Ehefrau Messalina im Jahr 48 entstand. Des Weiteren eroberte und sicherte er den Südosten Britanniens für das Römische Reich, er behauptete sich gegen Aufständische in Mauretanien. Neben seinen Ehefrauen war Claudius auch abhängig von seinen Freigelassenen, die er in Schlüsselstellungen des Staates einsetzte. Diese Freigelassenen wie Narcissus, Pallas oder Polybius setzten eine Zentralisierung der kaiserlichen Verwaltung um und sie wurden zunehmend von der Öffentlichkeit als die tatsächlichen Regenten wahr genommen. Abschließend zu Claudius: Achtbar geschlagen. Er war kein unfähiger, aber auch kein besonders fähiger Kaiser. Eben nur Mittelmaß, Durchschnitt. (29.10.2012 21:52)Maxdorfer schrieb: Da kann man sich auf der Mitte treffen. Stimmt, gehe ich mit. (29.10.2012 16:39)Sansavoir schrieb: Antoninus Pius ist für mich ein fähiger Kaiser. Während seiner Regierungszeit wurde kein Krieg begonnen, die 23 Jahre seiner Herrschaft erscheinen uns heute als ereignisarm. Das bedeutet: kaum Aufstände, keine Machtkämpfe, kein Bürgerkrieg. Die Außenpolitik strebte nur nach Wahrung des Besitzstandes. Die Wirtschaft und der Handel florierten. Die Rechtssprechung war human und die Finanzpolitik war sparsam. Ich denke, den damaligen Menschen ging es gut. Ihnen blieb Krieg, Armut oder Seuchen erspart. Und dass Antoninus Pius dies erhielt und nicht durch ehrgeizige, kostspielige Kriege verspielte, zeigt, dass er ein guter und fähiger Herrscher war. (29.10.2012 21:52)Maxdorfer schrieb: Da wäre ich mir gar nicht so sicher. Aber selbst wenn er nicht fähig war, sah er das doch wenigstens ein und beschränkte seine Aktivitäten auf einen sehr kleinen Radius. Das muss man ihm hoch anrechnen. Er war klug genug, keine schwerwiegenden Fehler zu machen. (29.10.2012 16:39)Sansavoir schrieb: Diokletian war ebenfalls ein fähiger Herrscher. Seinen Reformen ist es zu verdanken, dass das Römische Reich nicht Ende des 3. oder im 4. Jahrhundert zerfiel. Das Dominat war schon das richtige System, ebenso die Trennung von Militär- und Zivilverwaltungen. Diokletian konnte die Rheinlinie gegen Franken und Alamannen behaupten, er erneuerte die Herrschaft der Römer in Britannien und er schlug Unruhen in Ägypten nieder. Das System der Tetrarchie erscheint mir zu künstlich, zu kopflastig, zu sehr auf die Loyalität der Tetrarchen untereinander aufgebaut zu sein. Für jede Reichshälfte ein Augustus, dem ein Cäsar als potentieller Nachfolger unterordnet ist. Da ist es blauäugig, zu glauben, es gebe keine Machtkämpfe zwischen vier (mehr oder weniger) ambitionierten Herrschern. Wahrscheinlich verachtete Diokletian monarchische, dynastische Systeme. Er war sicher davon überzeugt, dass fähige Männer wie er, über die militärischen und zivilen Möglichkeiten aufgrund ihrer Leistungen und mit Hilfe Mentoren in die höchsten Ämter aufsteigen konnten. (29.10.2012 21:52)Maxdorfer schrieb: Das erinnert mich an Napoleon: Fähiger Herrscher, guter Reformer, aber er arbeitete doch auf eine quasi unmöglich zu erreichende Utopie hin. Guter Vergleich. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
|||
30.10.2012, 13:16
Beitrag: #29
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(29.10.2012 16:39)Sansavoir schrieb: Kaiser Claudius (41-54): Er war nicht für den Kaiserthron vorgesehen und wurde quasi von allen seinen Verwandten gehasst, von Augustus, Livia und Tiberius über Caligula bis hin zu den verschiedenen anderen Verwandten des Hauses, die nicht an die Macht gelangten. Allgemein gilt er als unfähiger, sabbernder, stotternder Herrscher, der vollkommen von seinen Ehefrauen (Messalina und Agrippina) bestimmt war. Doch er war ein sehr gebildeter und weitsichtiger Historiker, Claudius war der typische Fall eines Spezialisten, der als Herrscher einfach nicht geeignet war. Als Historiker nämlich muss er erste Sahne gewesen sein, allerdings als apolitischer Historiker. Naja, so apolitisch nu auch wieder nicht, immerhin galt er als Spezialist für die Etrusker. Die wiederum stellten die römischen Könige, insofern war seine Thema in einer Zeit der faktischen Wiedererrichtung der Monarchie schon auch politisch... VG Christian |
|||
26.01.2013, 22:40
Beitrag: #30
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Wie sieht es eigentlich mit Tiberius aus? An ihm hatten die Geschichtsschreiber ja einiges auszusetzen und auch heute wird er in der Forschung noch sehr kritisch beurteilt. Die Berichte von Tacitus und anderen römischen Geschichtsschreiber zeichnen das Bild eines Misantropen, der mit seiner Rolle als Kaiser nicht recht umzugehen weiß und der sich am Ende seines Lebens in Exzessen verliert. Nun habe ich freilich nicht so viel über Tiberius gelesen, jedoch scheint mir, als wäre sein Prinzipat für das RR gar nicht so schlecht gewesen. Er hat die Grenzen des Reiches konsolidiert und eine durchaus vernünftige Finanzpolitik betrieben, so stand seinem Nachfolger ein großer Staatsschatz zur Verfügung und auch außenpolitisch hat er teilweise sehr gut gehandelt, man beachte nur, wie er die Krise mit den Parthern meisterte. Tiberius Entscheidung, keine weiteren Feldzüge gegen die Germanen zu führen, mag bei Germanicus und den Römern auf Widerstand gestoßen sein, aus politischer Perspektive war dieser Entschluss jedoch logisch und sicherlich die für Rom günstigste Entscheidung (Germanicus Expeditionen über den Rhein kann man bestenfalls einen durchwachsenen Erfolg zugestehen und die dafür einesetzten Legionen fehlten anderswo). Tiberius Umgang mit potenziellen Verrätern war gnadenlos, keine Frage, aber mich würde interessieren, wie sich seine Herrschaft auf die einfachen Römer in den Provinzen ausgewirkt haben dürfte. Die Hochverräter-Prozesse beschränkten sich soweit ich weiß auf die Oberschicht und nach allem, was ich gelesen habe, soll Tiberius zumindest in den ersten Jahren seines Prinzipat einige wichtige Justizreformen angestoßen haben.
Nun mag Tiberius viele Fehler begangen haben, aber selbst seine Zeit als Nesiarch dürfte für das RR besser gewesen sein als die Herrschaft manch anderer Kaiser, die man gemeinhin als "unfähig" ansieht. Bei der Wahl seines Nachfolgers hätte er ein besseres Händchen haben können, aber fairerweise sollte man bedenken, dass es ihm an Alternativen mangelte und dass er Caligula das Römische Reich in geordneten Verhältnissen übergab. |
|||
27.01.2013, 10:27
Beitrag: #31
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Willkommen im Forum, TobiasM! Tiberius ist in der Tat auch ein sehr interessanter Kaiser.
(26.01.2013 22:40)TobiasM schrieb: Wie sieht es eigentlich mit Tiberius aus? An ihm hatten die Geschichtsschreiber ja einiges auszusetzen und auch heute wird er in der Forschung noch sehr kritisch beurteilt. Die antiken Autoren hackten auf jedem Kaiser der julisch-claudischen Dynastie herum (von Augustus abgesehen) und das lag mit Sicherheit nicht an ihrer Degeneration oder den schlechten Genen in der Familie. Die späteren Autoren mussten die letzten Herrscher einer Dynastie immer möglichst negativ darstellen, um den Dynastiewechsel nachträglich zu legitimieren. (26.01.2013 22:40)TobiasM schrieb: Die Berichte von Tacitus und anderen römischen Geschichtsschreiber zeichnen das Bild eines Misantropen, der mit seiner Rolle als Kaiser nicht recht umzugehen weiß und der sich am Ende seines Lebens in Exzessen verliert. Nun habe ich freilich nicht so viel über Tiberius gelesen, Wie gesagt, den antiken Klatschtanten war es gerade recht, Geschichten von Homosexualität in ihren perversesten Formen, Brutalität und Verbitterung im hohen Alter weiterzuerzählen. Und Sueton, Tacitus und co., die ich an für sich für gar nicht so schlechte Historiker halte (siehe mein Diskussionsbeitrag zu Tacitus), ließen sich natürlich davon beeinflussen. Was die heutigen Historiker angeht, so zeigen sie bei manchem Kaiser zu viel (Nero), bei anderen zu wenig Kritik an den Quellen - zu letzterer Kategorie könnte auch Tiberius gehören. Ausführlichere Biographien habe ich zu ihm aber auch noch nicht gelesen. (26.01.2013 22:40)TobiasM schrieb: jedoch scheint mir, als wäre sein Prinzipat für das RR gar nicht so schlecht gewesen. Er hat die Grenzen des Reiches konsolidiert und eine durchaus vernünftige Finanzpolitik betrieben, so stand seinem Nachfolger ein großer Staatsschatz zur Verfügung und auch außenpolitisch hat er teilweise sehr gut gehandelt, man beachte nur, wie er die Krise mit den Parthern meisterte. Tiberius Entscheidung, keine weiteren Feldzüge gegen die Germanen zu führen, mag bei Germanicus und den Römern auf Widerstand gestoßen sein, aus politischer Perspektive war dieser Entschluss jedoch logisch und sicherlich die für Rom günstigste Entscheidung (Germanicus Expeditionen über den Rhein kann man bestenfalls einen durchwachsenen Erfolg zugestehen und die dafür einesetzten Legionen fehlten anderswo). Zuerst einmal muss man sagen dass Tiberius natürlich von seinem Vorgänger Augustus profitierte, den man definitiv zu den fähigen Kaisern einordnen kann. Doch während der ganzen julisch-claudischen Dynastie ging es den Provinzen Roms generell ziemlich gut. Es ist doch auffällig, dass die erste gefährlichere Usurpation erst 14 Jahre nach Beginn von Neros Herrschaft und 54 Jahre nach Tiberius' Herrschaftsantritt begann. Den Quellen nach plante Nero, den Germaneneinfällen dadurch zu begegnen, dass er sich singend vor ihre Soldaten stellte und diese so zu tränen rührte. Die pax Augusta war die ganzen Jahre davor trotz Tiberius, Caligula, Claudius und Nero nie wirklich in Gefahr gewesen. Hatte es Unruhen gegeben, so waren diese entweder an den Grenzen (bspw. nach Germanien) oder in Rom ausgebrochen. Gerade das macht es so schwer, Tiberius zu beurteilen. Natürlich, das Reich war friedlich, doch das war es unter Nero lange Zeit auch. Mit großen innovativen Kaisern (Trajan, Hadrian, Augustus) hätte Tiberius nicht mithalten können, das steht für mich fest. Aber er war auch alles andere als schädlich für das Reich und wie du erwähnt hast, hat er ja einige sehr weise Entscheidungen getroffen. Ich würde ihn deshalb mit Antoninus Pius vergleichen (siehe Beitrag 28), zu dem User Sansavoir schrieb: "Er war klug genug, keine schwerwiegenden Fehler zu machen". Tiberius veränderte das Herrschafts- und Verwaltungssystem nicht und führte es gut fort. (26.01.2013 22:40)TobiasM schrieb: Tiberius Umgang mit potenziellen Verrätern war gnadenlos, keine Frage, aber mich würde interessieren, wie sich seine Herrschaft auf die einfachen Römer in den Provinzen ausgewirkt haben dürfte. Die Hochverräter-Prozesse beschränkten sich soweit ich weiß auf die Oberschicht und nach allem, was ich gelesen habe, soll Tiberius zumindest in den ersten Jahren seines Prinzipat einige wichtige Justizreformen angestoßen haben. Dass er brutal gegen Verräter vorging, ist staatspolitische Klugheit. Dass er eventuell unbegründete Anschuldigungen wegen Hochverrat vorbrachte, dass er Sejanus an die Macht ließ und dass er sich nach Capri zurückzog, liegt für mich ziemlich klar an seinem Alter. Ab einem gewissen Alter verstockt man eben und kann beispielsweise die Regierung nicht mehr so gut führen. Und Tiberius gelangte erst mit 56 Jahren an die Macht und starb mit 78 (in der damaligen Zeit, wo dies ein außergewöhnliches Alter war)!!! Soweit ich das im Kopf habe, war die Regierung des Tiberius für die meisten Provinzen des römischen Reiches eine Zeit des Friedens und wachsenden Wohlstands. Wenn ich die Zeit dazu finde, kann ich das ja mal für die einzelnen Regionen überprüfen. (26.01.2013 22:40)TobiasM schrieb: Nun mag Tiberius viele Fehler begangen haben, aber selbst seine Zeit als Nesiarch dürfte für das RR besser gewesen sein als die Herrschaft manch anderer Kaiser, die man gemeinhin als "unfähig" ansieht. Bei der Wahl seines Nachfolgers hätte er ein besseres Händchen haben können, aber fairerweise sollte man bedenken, dass es ihm an Alternativen mangelte und dass er Caligula das Römische Reich in geordneten Verhältnissen übergab. MEIN FAZIT: Tiberius alleine ist es nicht anzurechnen, dass das Reich eine derartige Blütezeit erlebte. Doch das System seines Vorgängers Augustus behielt er klugerweise weitestgehend bei und handelte, wo nötig, relativ umsichtig. Und all dies, obwohl Augustus ihm immer wieder gezeigt hatte, dass er nur eine "Notlösung" als Nachfolger war. In Familien- und Hofangelegenheiten agierte er - vielleicht gerade deswegen, vielleicht aber auch wegen seines Alters - weit weniger geschickt, und in der Nachfolge hätte er sich vielleicht mehr Gedanken machen müssen. Doch seine Fehler sind wohl das Produkt eines unglücklichen Lebens: Nach der Scheidung von seiner geliebten Frau wurde erst mit Augustus' Tochter Julia verheiratet, später als unerwünschter Nachfolger gesehen und schließlich, als er auf dem Thron saß, von der Sejanus-Intrige geplagt. Unter diesen Umständen werden seine Fehler erklärbar. Dies ist zumindest meine Sicht, ich hoffe, dass sie nicht allein meinem "jugendlichen Idealismus" (wie Bunbury es neulich formulierte) entspringt. Viele Grüße, der Maxdorfer Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
27.01.2013, 10:28
Beitrag: #32
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(26.01.2013 22:40)TobiasM schrieb: Nun mag Tiberius viele Fehler begangen haben, aber selbst seine Zeit als Nesiarch dürfte für das RR besser gewesen sein als die Herrschaft manch anderer Kaiser, die man gemeinhin als "unfähig" ansieht. Stimmt. Insbesondere vor seiner Zeit als Kaiser hat er Erfahrungen sammeln können bei der Niederschlagung von Aufständen (v.a. in Pannonien), was seine spätere Politik als Kaiser bestimmte. Vor Aufständen hatte er einen Horror (der pannonische Aufstand konnte nur mit Müh und Not niedergeschlagen werden, dafür musste Tiberius eine von Augustus beauftragte Strafexpedition nach Germanien (!) abbrechen), inneere Stabilität und Sicherheit war ihm oberste Priorität, und daher rührt wohl auch seine Paranoia in späteren Jahren her (die zwar von Seianus noch forciert wurde, aber auch ohne den Präfekten vorhanden war). Die vielen Prozesse wegen Majestätsbeleidigung richteten sich vorwiegend gegen Mitglieder des römischen Adels, die auch die Geschichtsschreibung besorgten. Daher wohl der äußerst schlechte Ruf des Tiberius... VG Christian |
|||
27.01.2013, 18:16
Beitrag: #33
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Der schlechte Ruf von Tiberius entstand doch erst, als er nach Capri zog, wo er zunehmend dem Einfluss und der Kontrolle von Seianus ausgesetzt war. Unter Augustus war Tiberius ein pflichtbewusster und loyaler Feldherr, in seinen ersten Regierungsjahren erwies er sich als fähiger Herrscher.
"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
|||
28.01.2013, 10:12
Beitrag: #34
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(27.01.2013 18:16)Sansavoir schrieb: Der schlechte Ruf von Tiberius entstand doch erst, als er nach Capri zog, wo er zunehmend dem Einfluss und der Kontrolle von Seianus ausgesetzt war. Unter Augustus war Tiberius ein pflichtbewusster und loyaler Feldherr, in seinen ersten Regierungsjahren erwies er sich als fähiger Herrscher. Kann es dementsprechend auch sein, dass die Behauptung, Augustus hätte Tiberius verachtet und als Nachfolger nie gewollt, in dessen später Regierungszeit entstanden ist? Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
28.01.2013, 19:08
Beitrag: #35
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Zitat:Kann es dementsprechend auch sein, dass die Behauptung, Augustus hätte Tiberius verachtet und als Nachfolger nie gewollt, in dessen später Regierungszeit entstanden ist? Nein, dagegen spricht, dass Augustus in seinem Testament wörtlich erwähnt, dass er Tiberius nur adoptiere, da ihm unglücklicherweise beide Söhne vorher genommen worden sind. (so, oder so ähnlich). Ich denke, dass das nicht misverstanden worden ist, schon so gemeint war. Das muss für Tiberius ein gewaltiger Schlag gewesen sein, eine riesige Erniedrigung, die sicher seinen Ressentiments weiteren Aufschub gegeben haben. Wer die Vergangheit nicht achtet, dem kann es die Zukunft kosten "Im übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielem Bücherschreiben und viel studieren ermüdet den Leib!" Kohelet 12,12 |
|||
30.01.2013, 03:33
Beitrag: #36
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Danke für das freundliche Willkommen^^.
(28.01.2013 10:12)Maxdorfer schrieb: Kann es dementsprechend auch sein, dass die Behauptung, Augustus hätte Tiberius verachtet und als Nachfolger nie gewollt, in dessen später Regierungszeit entstanden ist? Verachtet ist meiner Ansicht nach ein zu starkes Wort, schließlich wurde Tiberius von Augustus immer wieder mit sehr wichtigen Aufgaben bedacht. Er hielt ihn sicher für einen fähigen Feldherrn, aber wahrscheinlich erkannte Augustus, dass Tiberius im Grunde seines Wesens nicht geeignet für das Amt des Kaisers war, zu diesem Eindruck muss er spätestens nach Tiberius erstem Rückzug aus Rom gekommen sein. Und das Tiberius schon aufgrund seines für damalige Verhältnisse fortgeschrittenem Alter nicht der Wunschkandidat des Augustus sein konnte, ist ja ziemlich offensichtlich. Niemand hätte voraussagen können, dass Tiberius noch so lange leben würde (gab es eigentlich noch einen römischen Kaiser, der ein höheres Alter erreichte?) und Augustus wollte die von ihm etablierte Dynastie bestimmt nicht destabilisieren, was im Falle eines frühen Todes des Tiberius kurz nach dem des Augustus wahrscheinlich passiert wäre. Augustus wollte bestimmt einen seiner Enkel als seinen Nachfolger sehen, aber die sind eben sehr jung gestorben, vermutlich weil sie sich rasch auszeichnen wollten um ihre Ansprüche zu untermauern. Vermutlich wäre es für alle Beteiligten das Beste gewesen, wenn L. Caesar oder G. Caesar der neue Princeps geworden wäre, Tiberius war den Anforderungen des Amtes vielleicht nicht geistig aber doch charakterlich nicht gewachsen. Wie auszehrend die Bürgerkrone war kann man schließlich an Augustus beobachten, den in seinen letzten Jahren zahlreiche Schicksalsschlägen plagten und der darunter sehr gelitten haben sein soll (falls man Sueton glauben will heißt das). |
|||
30.01.2013, 16:09
Beitrag: #37
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Kaiser Claudius war bevor er Kaiser wurde Etruskologe und schrieb Bücher, die leider nicht erhalten sind. Die Bücher werden von Wicki abqualifiziert, warum weiß ich nicht, denn die haben sie auch nicht gelesen. Es sind doch keine Doktorarbeiten von Politikern und wenn wäre auch nichts gegen Abschreiben einzuwenden. Jedenfalls wären die heutigen Etruskologen stolz und glücklich wenn sie diese Bücher hätten, denn in ihnen steht alles drin was wir über die Etrusker, die damals noch lebten, nicht wissen.
Claudius war in Großbritannien als es von den Römern unterworfen wurde. Als Kaiser hatte er automatisch den Oberbefehl über die römische Armee. Näheres weiß ich nicht. Er hat sich vermutlich nicht dümmer oder klüger angestellt als andere Oberbefehlshaber. Jeder römische Patrizier mußte befehigt sein eine Armee zu führen. |
|||
30.01.2013, 17:47
Beitrag: #38
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(30.01.2013 03:33)TobiasM schrieb:(28.01.2013 10:12)Maxdorfer schrieb: Kann es dementsprechend auch sein, dass die Behauptung, Augustus hätte Tiberius verachtet und als Nachfolger nie gewollt, in dessen später Regierungszeit entstanden ist? Klingt einleuchtend. (30.01.2013 03:33)TobiasM schrieb: (gab es eigentlich noch einen römischen Kaiser, der ein höheres Alter erreichte?) Der Kaiser Gordian I. war der Überlieferung zufolge schon über 80 Jahre alt, als er sich zusammen mit seinem Sohn Gordian II. im Jahre 238 gegen die Herrschaft des Maximinus Thrax auflehnte: http://de.wikipedia.org/wiki/Gordian_I. Seine Herrschaft dauerte dann aber auch nur einen Monat... Die weiteren "Plätze" belegen: Tiberius mit 78 Jahren wohl auf Platz 2. Kaiser Augustus, der mit 77 starb, auf Platz 3. Dann Tacitus (reg. 275-276) (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Geschichtsschreiber), er kam mit 75 Jahren an die Macht und starb mit 76. An fünfter Stelle könnte Diokletian (reg. 284-305) stehen, der (jenachdem, wie man sein Geburtsjahr ansetzt) mit zwischen 76 und 67 Jahren starb. Abgedankt hatte er aber auf jeden Fall sieben Jahre früher. Ansonsten wäre da noch Vespasian (reg. 69-79) (starb mit 70), der Rest war unter 70. Wenn man das frühe Ostrom mit einbezöge, gäbe es da noch Leo I. (reg. 457-474), der mit 73 starb. Der absolute Favorit wäre dann aber Anastasios I. (reg. 491-518), der ein Alter von ungefähr 88 Jahren erreichte! Trotzdem - oder vielleicht gerade deswegen? - soll er ein sehr guter Herrscher gewesen sein. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
30.01.2013, 17:55
Beitrag: #39
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(30.01.2013 16:09)Harald1 schrieb: Kaiser Claudius war bevor er Kaiser wurde Etruskologe und schrieb Bücher, die leider nicht erhalten sind. Die Bücher werden von Wicki abqualifiziert, warum weiß ich nicht, denn die haben sie auch nicht gelesen. Es sind doch keine Doktorarbeiten von Politikern und wenn wäre auch nichts gegen Abschreiben einzuwenden. Jedenfalls wären die heutigen Etruskologen stolz und glücklich wenn sie diese Bücher hätten, denn in ihnen steht alles drin was wir über die Etrusker, die damals noch lebten, nicht wissen. Alle antiken Schriften werden heute als nicht allzu wissenschaftlich eingestuft. Meist zu recht. Die Etrusker als solche gab es zu Claudius' Zeiten nicht mehr als Volk, die Kultur befand sich höchstens in einigen Regionen Italiens noch in den letzten Zügen und im Kampf mit der römisch-latinischen Kultur (obwohl diese vieles von den Etruskern übernommen hat). Politisch waren sie längst Geschichte. Aber natürlich waren Claudius haufenweise Quellen zugänglich, die heute verschollen sind. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
30.01.2013, 18:57
Beitrag: #40
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(30.01.2013 16:09)Harald1 schrieb: Kaiser Claudius war bevor er Kaiser wurde Etruskologe und schrieb Bücher, die leider nicht erhalten sind. Die Bücher werden von Wicki abqualifiziert, warum weiß ich nicht, denn die haben sie auch nicht gelesen. Es sind doch keine Doktorarbeiten von Politikern und wenn wäre auch nichts gegen Abschreiben einzuwenden. Jedenfalls wären die heutigen Etruskologen stolz und glücklich wenn sie diese Bücher hätten, denn in ihnen steht alles drin was wir über die Etrusker, die damals noch lebten, nicht wissen.Und wahrscheinlich noch mehr. Claudius war Experte für die Etrusker (und wurde deshalb von seinen Zeitgenossen belächelt) und konnte als einer von wenigen Zeitgenossen sogar noch Etruskisch sprechen! Als Historiker war Claudius anerkannt, nicht einmal Sueton kritisiert ihn deshalb fachlich (acuh wenn er es für unpassend hält, dass ein Kaiser sich mit Geschichtsschreibung befasst...) Nicht auszudenken, welche Einzelheiten Claudius niedergeschrieben hat. Ist doch sogar seine relativ kurze Rede, die wir auf der Bronzetafel von Lyon überliefert bekommen haben, eine Fundgrube für die heutigen Historiker: Auf ihr erfahren wir etwas über den rätselhaften Mastarna. Ohne Claudius wüssten wir nur, dass es einen etruskischen Helden dieses Namens gegeben hat (aus dem Grab von Vulci, wo er in einer Wandmalerei verewigt ist, zusammen mit Vibenna und "Gnaeus Tarquinius aus Rom"). Claudius ist der einzige, der Mastarna mit Servius Tullius, dem römischen König gleichsetzt, obwohl das zu seiner Zeit Gelehrtenwissen gewesen sein dürfte (dass Livius eine ganz andere Geschichte vom Werdegang des Servius Tullius überliefert, stört dabei nicht weiter, denn die Herleitung von Servius´ Namen, der laut Livius aus dem lateinischen Wort servus = Sklave abgeleitet ist, hat schon sehr viel von Vulgärethymologie...entsprechend dürfte die ganze Livius-Geschichte über die Herkunft des Servius eher auf Volkssagen als auch auf gesicherte Erkenntnisse zurückgehen.) Wenn er schon in so einer Rede derart wichtige Informationen unterbrachte, was hat er dann erst in den 41 Büchern seiner Etruskergeschichte geschrieben?!? VG Christian |
|||
31.01.2013, 02:05
Beitrag: #41
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(30.01.2013 17:47)Maxdorfer schrieb: Die weiteren "Plätze" belegen: Offenbar konnte man als Kaiser in der Antike doch ziemlich alt werden. Im Nachhinein erscheint es unglaublich, dass Augustus trotz seiner vielen Krankheiten und Gebrechen ein solches Alter erreichen konnte. Zitat:Und wahrscheinlich noch mehr. Claudius war Experte für die Etrusker (und wurde deshalb von seinen Zeitgenossen belächelt) und konnte als einer von wenigen Zeitgenossen sogar noch Etruskisch sprechen! Als Historiker war Claudius anerkannt, nicht einmal Sueton kritisiert ihn deshalb fachlich (acuh wenn er es für unpassend hält, dass ein Kaiser sich mit Geschichtsschreibung befasst...) Stimmt, es ist immer wieder traurig zu sehen, wie viele Quellen uns verloren gegangen sind. Claudius ist sehr schwer zu beurteilen, es wäre wirklich schön, wenn wir wenigstens einige seiner Werke überliefert bekommen hätten. Die erwähnte Rede lässt ihn nämlich sicherlich nicht als jenen Schwachkopf erscheinen, welcher er laut einigen Berichten gewesen sein soll. Es ist auch sehr schade, dass Tacitus Biographie von Caligula verloren gegangen ist, wie wir Tacitus kennen muss er dabei zu wahren Höchstleistungen aufgelaufen sein. Tacitus hat ja zu den meisten Kaisern zumindest ein paar positive Dinge aufgeführt, es wäre sehr erhellend, wenn wir eine etwas ausgewogenere Quelle zu Caligula hätten. Zitat:Claudius war in Großbritannien als es von den Römern unterworfen wurde. Als Kaiser hatte er automatisch den Oberbefehl über die römische Armee. Näheres weiß ich nicht. Er hat sich vermutlich nicht dümmer oder klüger angestellt als andere Oberbefehlshaber. Meines Wissens nach werden Claudius militärische Erfolge eher seinen Befehlshabern zugerechnet. Er soll ja Britannien relativ schnell wieder verlassen haben. Ob das nun stimmt ist egal, er hat sich auf jeden Fall nicht ungeschickt angestellt und hatte zumindest die Umsicht, kompetente Leute auf Schlüsselpositionen zu setzen. So kommt Narcissus bei Tacitus zwar sehr schlecht weg, aber selbst Tacitus streitet Narcissus Verwaltungstalent nicht ab. |
|||
15.06.2013, 19:44
Beitrag: #42
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(31.01.2013 02:05)TobiasM schrieb: Offenbar konnte man als Kaiser in der Antike doch ziemlich alt werden. Im Nachhinein erscheint es unglaublich, dass Augustus trotz seiner vielen Krankheiten und Gebrechen ein solches Alter erreichen konnte. Hierzu noch eine kleine Episode: Als Jugendlicher durfte Augustus für seinen Großonkel Julius Caesar einen sportlichen Wettkampf ausrichten, um Erfahrung in solchen Dingen zu bekommen. Dabei bekam er einen Sonnenstich, von dem er sich lange Zeit nicht erholte. Ab da trug er immer seinen Sonnenhut und achtete darauf, sich nicht zu lange im Freien aufzuhalten. Auch ansonsten soll er ja recht zurückhaltend und gesund gelebt haben. (31.01.2013 02:05)TobiasM schrieb: Tacitus hat ja zu den meisten Kaisern zumindest ein paar positive Dinge aufgeführt, es wäre sehr erhellend, wenn wir eine etwas ausgewogenere Quelle zu Caligula hätten. Soweit ich weiß, ist auch die Caligulabiographie von Sueton nicht so unausgewogen wie manch andere Darstellung. Zunächst zählt er die positiven Seiten des umstrittenen Herrschers auf, dann die negativen. (31.01.2013 02:05)TobiasM schrieb: Meines Wissens nach werden Claudius militärische Erfolge eher seinen Befehlshabern zugerechnet. Er soll ja Britannien relativ schnell wieder verlassen haben. Ob das nun stimmt ist egal, er hat sich auf jeden Fall nicht ungeschickt angestellt und hatte zumindest die Umsicht, kompetente Leute auf Schlüsselpositionen zu setzen. So kommt Narcissus bei Tacitus zwar sehr schlecht weg, aber selbst Tacitus streitet Narcissus Verwaltungstalent nicht ab. Claudius war nun mal eher Gelehrter als Militär. Heute würde man ihn wohl als Geisteswissenschaftler einstufen. Darin lag seine Stärke, und ich denke, er war genauso wenig für den Kaiserthron geeignet wie Nero, auch wenn er sich seinen neuen Aufgaben besser anpasste als dieser. Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch) |
|||
29.07.2013, 16:31
Beitrag: #43
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(15.06.2013 19:44)Maxdorfer schrieb: Hierzu noch eine kleine Episode: Als Jugendlicher durfte Augustus für seinen Großonkel Julius Caesar einen sportlichen Wettkampf ausrichten, um Erfahrung in solchen Dingen zu bekommen. Dabei bekam er einen Sonnenstich, von dem er sich lange Zeit nicht erholte. Ab da trug er immer seinen Sonnenhut und achtete darauf, sich nicht zu lange im Freien aufzuhalten. Nicht zu vergessen, dass er des Öfteren schwer krank gewesen sein soll. An einer wichtigen Schlacht (ich glaube die entscheidene gegen die Cäsarenmörder) konnte er aufgrund eines schweren Fiebers nicht teilnehmen, was angesichts seines beschränkten militärischen Talentes nicht unbedingt tragisch war, weshalb Marcus Antonius den Kampf gewinnen musste. Natürlich hat dies Augustus nicht davon abgehalten, einen Teil des Ruhmes für sich zu reklamieren. (15.06.2013 19:44)Maxdorfer schrieb: Tacitus hat ja zu den meisten Kaisern zumindest ein paar positive Dinge aufgeführt, es wäre sehr erhellend, wenn wir eine etwas ausgewogenere Quelle zu Caligula hätten. Ich lese momentan eine Biographie über Caligula von Aloys Winterling. Ich kann dieses Buch, welches übrigens in etliche Sprachen übersetzt worden ist, nur wärmstens weiterempfehlen. Anhand von Quellenkritik malt der Autor ein differenzierteres Bild von dem berüchtigen Kaiser, so kann er nachweisen, dass die häufig zitierte inzestuöse Beziehung zwischen Caligula und seinen Schwestern eine Erfindung der Nachwelt ist, da diese Behauptung erst 100 Jahre nach seinem Tod auftrat und Zeitzeugen wie Seneca, die allen Grund hatten den Kaiser zu hassen diese Geschichte mit keinem Wort erwähnen, obwohl sie z.B. ausführlich über die sexuellen Perversionen seiner Schwester, der Mutter des späteren Kaiser Neros berichten. |
|||
13.04.2018, 15:52
Beitrag: #44
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(24.09.2012 08:04)Maxdorfer schrieb: Die Legitimation fehlte bei allen Kaisern des Jahres 69 n. Chr. Habe mich wieder mal mit dem 4 Kaiserjahr beschäftigt. Bei den 3 Kurzzeitkaiser kann man folgendes sagen: Galba: Erbte eine schwierige Situation. Mein Eindruck, er war kein schlechter Befehlshaber, aber das politische Geschick das er gebraucht hätte um in schwieriger Legitimatoionslage auch noch Sparmaßnahmen zu rechtfertigen und außerdem noch Ruhe ins Reich zu bringen fehlte ihm. Otho: Über ihn findet man mehrere Angaben, er wird auch unterschiedlich bewertet. Um gegen seine Gegner zu bestehen hätte es schon gewaltige Fähigkeiten gebraucht. So aber hielt er sich nicht lange. Vitellius: Über ihn kann nan nur schwer etwas sagen. Auch ihm blies schließlich zu heftiger Gegenwind entgegen. Ob man den dreien unfähigkeit vorwerfen kann? Schwer zu sagen, gerade Galba agierte zeitweise schon ungeschickt, aber man muss auch sehen das alle 3 es mit (innenpolitisch) sehr schweren Umständen zu tun hatten, in denen es nicht reichte durchschnittlich begabt zu sein. |
|||
14.04.2018, 10:40
Beitrag: #45
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Was ist mit Aurelian?
„Quintili Vare, legiones redde!“ Augustus |
|||
14.04.2018, 12:44
Beitrag: #46
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(14.04.2018 10:40)Hallo schrieb: Was ist mit Aurelian? Aurelian gehört m.E. zu den fähigen Kaisern. Er konnte die Donaugrenze sichern, unterwarf Palmyra und festigte die Reichseinheit. Neben seinen Vorgängern Gallienus und Claudius Gothicus und die ihm nachfolgenden Kaiser Probus und Carus zählt Aurelianus zu den Kaisern, die den Wiederaufstieg des römischen Reichs unter Diokletian einleiteten. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
|||
14.04.2018, 18:45
Beitrag: #47
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(14.04.2018 12:44)Sansavoir schrieb: Aurelian gehört m.E. zu den fähigen Kaisern. Er konnte die Donaugrenze sichern, unterwarf Palmyra und festigte die Reichseinheit. Neben seinen Vorgängern Gallienus und Claudius Gothicus und die ihm nachfolgenden Kaiser Probus und Carus zählt Aurelianus zu den Kaisern, die den Wiederaufstieg des römischen Reichs unter Diokletian einleiteten. Stimmt, noch dazu hatte er einen beachtlichen Tatendrang. Er widmete sich vielen Problemfeldern, wenn man bedenkt das er ja nicht gerade lange Kaiser war. |
|||
14.04.2018, 20:04
Beitrag: #48
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
(14.04.2018 18:45)WDPG schrieb:(14.04.2018 12:44)Sansavoir schrieb: Aurelian gehört m.E. zu den fähigen Kaisern. Er konnte die Donaugrenze sichern, unterwarf Palmyra und festigte die Reichseinheit. Neben seinen Vorgängern Gallienus und Claudius Gothicus und die ihm nachfolgenden Kaiser Probus und Carus zählt Aurelianus zu den Kaisern, die den Wiederaufstieg des römischen Reichs unter Diokletian einleiteten. Zehn Jahre wenn es mich nicht täuscht, oder? „Quintili Vare, legiones redde!“ Augustus |
|||
14.04.2018, 20:25
Beitrag: #49
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser: | |||
14.04.2018, 20:50
Beitrag: #50
|
|||
|
|||
RE: Rom - fähige und unfähige Kaiser:
Nur fünf also.
„Quintili Vare, legiones redde!“ Augustus |
|||
|
Möglicherweise verwandte Themen... | |||||
Thema: | Verfasser | Antworten: | Ansichten: | Letzter Beitrag | |
Die Sage von den Galliern in Rom | Aurora | 2 | 7.596 |
05.01.2017 21:07 Letzter Beitrag: Aguyar |
|
Der Vatikan in Rom | Aurora | 2 | 6.430 |
23.12.2016 21:26 Letzter Beitrag: Aurora |
|
Ewiges Rom | dieter | 39 | 90.034 |
29.09.2016 00:47 Letzter Beitrag: zaphodB. |
|
Dr. Schnabel von Rom | Aurora | 1 | 4.917 |
05.07.2016 13:31 Letzter Beitrag: Aurora |
|
War Petrus tatsächlich in Rom? | Aurora | 2 | 6.958 |
12.03.2016 10:13 Letzter Beitrag: Aurora |
|
Kolosseum in Rom von Kriegsbeute erbaut | Aurora | 6 | 12.753 |
25.01.2016 00:29 Letzter Beitrag: Aurora |
|
Welcher Römischer Kaiser hatte die meisten militärischen erfolge? | Hallo | 10 | 18.981 |
25.12.2015 11:21 Letzter Beitrag: 913Chris |
|
Kaiser Konstantin | Aurora | 4 | 8.925 |
11.12.2015 10:43 Letzter Beitrag: Aurora |
|
Römische Kaiser | Maxdorfer | 4 | 11.440 |
11.08.2013 14:46 Letzter Beitrag: Maxdorfer |
|
Skandale im alten Rom Presseschau | Steppenwolf | 0 | 4.726 |
13.09.2012 12:16 Letzter Beitrag: Steppenwolf |
Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste